„Anders? – cool!“

Ausstellung über die Situation junger Zuwanderer im Hubertus-Schwartz-Berufskolleg

 

SOEST ° Mussten Sie schon einmal umziehen? Ließen Sie ihr Zuhause zurück, um ganz woanders neu anzufangen? Wie ist es Ihnen ergangen? Fanden Sie sich zurecht? Kamen Sie mit den Gewohnheiten klar? Elena Schmidt vom Jugendmigrationsdienst der Arbeiterwohlfahrt stellte Fragen und lud das Publikum ein, in Gedanken der eigenen Geschichte nachzugehen.

 

„Anders? – cool!“, zwei Wörter als Titel reichen, um das komplette Programm auf den Punkt zu bringen. Im Hubertus-Schwartz-Berufskolleg ist seit gestern die Wanderausstellung des Jugendmigrationsdienstes zu sehen, bei der es um den Aufbruch und ums Ankommen geht. Junge Leute sind locker drauf, in der Clique geht’s meist lässig zu. Und die Zuwanderer? Gehören sie dazu? Wie sieht ihr Alltag aus? Wie gestalten sie ihr Leben? Welche Wünsche haben sie und was beschäftigt sie?

Will man mich hier? Wie lange werde ich bleiben dürfen? Wann muss ich wohl wieder gehen? Mohamad El Ahmad schilderte gestern die ungewisse Situation, die er und seine Familie nach der Ankunft im Flüchtlingslager durchstanden, und er beschrieb, was ihm damals als Kind durch den Kopf ging. Er stammt aus dem Libanon, besucht nun das HubertusSchwartz-Berufskolleg und berichtete gestern, wie hart der Start war: „Es war wirklich sehr schwer.“ Vor allem das Gefühl, weitgehend allein und abgeschieden zu sein, setzte ihm zu.

Viele persönliche und praktische Erfahrungen kamen gestern Morgen bei einer von Pfarrer Stefan Weyer moderierten Podiumsdiskussion in der Aula zur Sprache: Nadine Kiala aus Angola erzählte über sich und ihre Familie, ebenso Mehmet Tavus, der im Soester Stadtrat sitzt. Er sei Gastarbeiterkind, sagt er. Und: „Wir haben hier Wurzeln geschlagen.“ Eigentlich habe die Familie damals ja vorgehabt, nach ein paar Jahren in die alte Heimat zurückzukehren.

Integration erleben und leben

„Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, immer wieder das Anderssein zu erklären“, fasste Brigitte Sehmi, Vorsitzende des Integrationsrates, ihr vorrangiges Anliegen zusammen. Ihr ist klar: Die Leute müssen sich verstehen – im doppelten Sinne des Wortes. Heinz Drucks, der die Flüchtlingsberatungsstelle der Diakonie Ruhr-Hellweg leitet, stellte aus beruflicher Praxis seine Sicht der Dinge dar. Auch die Europa-Abgeordnete Birgit Sippel bezog Position. Zugewanderte Jugendliche kommen aus unterschiedlichen Gründen nach Deutschland. Sie sind zu-, nach-, hin- und hergezogen, hier geboren, vertrieben worden oder geflohen. Sie kommen aus unterschiedlichen Ländern, sprechen verschiedene Sprachen und haben vielfältige Schul- oder Berufsausbildungen, erläuterte Elena Schmidt. Die Wanderausstellung spiegele Sorgen, Freuden, Hoffnungen. Spiele, Musik, Filme, Fotos und Texte dokumentieren in vielen Facetten, was es heißt, Integration zu erleben und zu leben.

Adnan Maral – bekannt aus Türkisch für Anfänger – zeigte, wie’s geht. Der Schauspieler las aus seinem Buch. „Adnan für Anfänger – mein Deutschland heißt Almanya“, lautet der Titel – ein kurzer
Satz, der alles sagt. 

Sehen, hören, aktiv werden

„Anders? – cool!“, diese Wanderausstellung des Jugendmigrationsdienstes steht bis zum 26. Februar im Hubertus-Schwartz-Berufskolleg am Hattroper Weg. Eröffnet wurde sie gestern von der EuropaAbgeordneten Birgit Sippel (SPD), dem stellvertretenden Landrat Dr. Günter Fiedler, Schulleiter Thomas Busch und Elena Schmidt als Mitarbeiterin des Jugendmigrationsdienstes der Arbeiterwohlfahrt/Unterbezirk Soest. Sehen, hören und selber aktiv werden ist das Ziel der Multimedia-Ausstellung. In Wort und Bild erzählen junge Menschen auf sieben Ausstellungstafeln ihre
eigene Integrationsgeschichte, authentisch und beeindruckend. Interaktive Wissensspiele, Kurzfime, Sprachbeispiele und Musik sowie ein „Weltspiel“ sind weitere Elemente von „Anders? – cool!“.
Informationen und Fragen an den Jugendmigrationsdienst: Elena Schmidt, Tel. 02921/ 77273. Das ist bereits das dritte gemeinsam realisierte Projekte. Vor drei Jahren rückten Wege türkischer Gastarbeiter in den Blick.      Köp   Quelle: Soester Anzeiger 18. Februar 2015


Text: JZC Fotos: EST